#Indie-Autor-Challenge
| KW 37 | Ava Innings nominiert von Medusa Mabuse
Es
ist Samstag, es ist Indie-Autor-Challenge-Time. Heute gibt es eine
Geschichte von Ava
Innings,
die von Medusa
Mabuse
nominiert wurde und euch einen Auszug aus ihrer kommenden Novelle “NY
Millionäre Club – Chandler” vorstellt. In die Geschichte musste
sie 15 Wörter einbauen, die Medusa ihr vorgegeben hat. Wir wünschen
euch viel Spaß beim Lesen.
1.
Steuererklärung
2.
Räumungsverkauf
3.
Umzugskartons
4.
Kabelsalat
5.
Korkenzieher
6.
Lesebrille
7.
Kofferraum
8.
Regenschirm
9.
Lockenwickler
10.
Geschenkpapier
11.
Wasserglas
12.
Tastatur
13.
Geldbeutel
14.
Parkplatz
15.
Smartphone
WILLOW
Diese
Frau brachte sie um den Verstand. Wie konnte man an einem
Samstagmorgen um kurz nach sechs so wunderbar aussehen und so eine
unfassbar gute Laune haben? Die Haare ihrer Schwester saßen perfekt
und sahen aus, als wären sie gerade erst frisch von den
Lockenwicklern gerollt worden ... was nicht stimmte: Nein, unfairer
Weise sahen sie immer so aus.
Willow
beneidete Harper um ihre wunderschönen Korkenzieherlocken und auch
darum, dass diese in Kürze zu ihrem Verlobten ziehen würde. Der
Umzugsdienst sollte in rund zwei Stunden da sein. Einen Parkplatz vor
dem Haus, damit die Möbelpacker nicht unnötig schleppen mussten,
hatten sie bereits reserviert. Es blieb also noch genug Zeit nach
einem kurzen Frühstück, um die letzten Dinge zu verstauen. Harper
hatte gestern bis spät in die Nacht ihre Steuererklärung gemacht
und daher musste der Rechner samt Tastatur und Kabelsalat, den
Drucker, externe Festplatten und USB-Hubs verursacht hatten, noch in
einen Umzugskarton gepackt werden.
Sechs
schweißtreibende Stunden später sah sie zu, wie der
Speditionsdienst davonfuhr. Sie verstaute noch den Karton mit den
Wassergläsern und einen Regenschirm in dem Kofferraum von Harpers
Auto, ehe sie ihre Schwester in die Arme schloss und sagte: „Das
wäre geschafft!“
Harper,
die sonst alles andere als schüchtern war, nickte beklommen. „Gott,
ich bin wahnsinnig aufgeregt“, gestand sie.
„Das
brauchst du nicht. Ihr seid ja nicht erst seit gestern zusammen.“
„Trotzdem:
Ich habe noch nie mit einem Mann zusammengewohnt, was wenn er nach
drei Tagen feststellt, wie furchtbar nervig ich bin.“
Willow
warf den Kopf in den Nacken und lachte: „Wenn er das in den letzten
zwei Jahren nicht geschnallt hat, dann rafft Matt es auch nicht in
den nächsten Tagen.“
Schmollend
schob Harper die Unterlippe vor und Willow erkannte, dass ihre große
Schwester wirklich Bedenken hatte. Irgendwie konnte sie es ihr nicht
verübeln. Ihr Elternhaus hatte nicht gerade dazu beigetragen, dass
sie beide ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt hatten. Die
Ansprüche und Erwartungen ihrer Eltern waren unerfüllbar und egal,
wie gut sie in dem waren, was sie taten, es war nie genug. Die Kinder
der Andersons oder die der Greys waren immer besser. „Harper, du
hast wirklich Glück mit Matt. Er liebt dich, wie du bist und es ist
ihm egal, dass du bereits in aller Herrgottsfrühe und vor dem ersten
Kaffee erschreckend wach und gut gelaunt bist. Er findet es toll,
dass du so aktiv und zupackend bist und sieht darüber hinweg, dass
du immer alles unter Kontrolle haben musst. Matt liebt dich genauso
wie du bist. Er liebt deinen Ehrgeiz, aber auch, dass du immer für
deine Freundinnen und mich da bist, wenn wir Hilfe brauchen. Wir alle
lieben und verehren ihn, weil er ein wirklich toller Mann ist und du
den absoluten Glücksgriff gelandet hast.“ Sie schloss Harper
erneut in die Arme und beendete ihre kleine Ansprache, um ein
Geschenk aus ihrer Handtasche hervorzuziehen. „Das hier ist für
dich. Ich weiß, dass es ein großer Schritt ist, aber es die
richtige Entscheidung!“, versicherte sie ihrer Schwester.
Sie
betrachtete Harper, die das kleine Päckchen ergriff und mit ihren
Fingerspitzen zaghaft über das handgeschöpfte Geschenkpapier
strich. „Danke!“, wisperte diese kaum hörbar. „Gott, ich weiß
wirklich nicht, was ich ohne dich tun würde.“ Sie seufzte leise.
„Ich fühle mich furchtbar. Ich kann dich nicht mal nach Hause
fahren.“ Das stimmte allerdings, denn auf dem Beifahrersitz und der
Rückbank stapelten sich zahlreiche Kartons.
„Nicht
schlimm, ich nehme ein Taxi.“ Harper zückte ihren Geldbeutel und
wollte Willow einen fünfzig Dollarschein in die Hand drücken.
„Nein! Ich nehme kein Geld von dir!“, protestierte diese und
strich sich eine blonde Strähne aus der Stirn. Im Gegensatz zu ihrer
Schwester, die stets adrett und aus dem Ei gepellt daherkam, wirkte
Willow wie das Surfergirl, das sie war. Es gab kein Kleidungsstück
an ihrem Körper – ihre Unterwäsche, die aus einem Bikini bestand,
eingeschlossen – das nicht von ihrem Sponsor, dem Label ‚Nauti
Gal’ stammte.
„Nimm
es!“
„Nein!
Was wäre ich für eine Rabenschwester!“ Abwehrend hob Willow die
Hände, kam jedoch heran und gab Harper zum Abschied einen Kuss auf
die Wange. „Wir telefonieren“, sagte sie und machte sich dann auf
den Heimweg. Sie zückte ihr Handy, um sich ein Taxi zu rufen und
bestellte es zu einem Hotel in der Nähe.
Als
sie um die Ecke bog und den Eingang des Gebäudes sehen konnte, fuhr
gerade ihr Taxi vor. Sie sprintete hinüber und glitt hinein, nur um
festzustellen, dass just in dem Moment die Tür auf der anderen Seite
geöffnet wurde und ein Mann neben ihr Platz nahm. Er funkelte sie
erbost an: „Das ist mein Taxi! Wenn Sie eines haben wollen, dann
bestellen Sie sich eines!“
„Falsch,
das hier ist mein Taxi. Ich habe es gerade eben geordert.“ Wie zum
Beweis hielt sie ihr Smartphone hoch. Sie taxierte den Mann eingehend
und war nicht gewillt, nachzugeben.
Der
Typ machte jedoch keine Anstalten, auszusteigen, sondern sagte
stattdessen dreist: „Hören Sie, ich habe einen wichtigen Termin,
ich ...“
„Ach
ja, und ich habe keine wichtigen Termine, oder was?“ Was bildete
sich dieser Schlipsträger überhaupt ein? Zugegeben, in seinem
grauen Anzug sah er umwerfend aus, auch wenn sie eigentlich auf
blonde Kerle stand, so wirkte dieser Typ mit seinen stahlblauen Augen
ungemein anziehend auf sie.
„Wo
wollen Sie schon hin? Zu einem Räumungsverkauf von ‚Nauti Gal’?“
Dann lachte er. „Und? Sind sie ein ‚Nauti Gal’?“
„Das
werden Sie nie herausfinden, wenn Sie mich aus meinem Taxi werfen“,
erwiderte sie und schenkte ihm ein breites Lächeln. Gott, flirtete
sie etwa gerade mit ihm? Sie hatte sich doch nach der Sache mit
Patrick geschworen, die Finger von gut aussehenden Männern zu
lassen. Es stimmte schon, was man sagte: Solche Kerle hatte man nie
für sich allein.
„Okay,
dann versuchen wir es anders. Was bekomme ich denn, wenn ich Ihnen
das Taxi überlasse?“
„Was
Sie bekommen? Ich trete Ihnen nicht in den Hintern, weil Sie mir
frecher Weise mein Taxi geklaut haben.“ Und wieder lachte er.
Faszinierte starrte Willow das Grübchen an, das sich dadurch auf
seiner Wange gebildet hatte. Gott, war das sexy.
„Vorschlag
zur Güte, Sie schlüpfen heute Abend in ein schickes Kleid und
begleiten mich zu einer Veranstaltung.“
„Das
geht nicht“, erwiderte sie. „Ich habe für heute Abend andere
Pläne.“
„So?“
Der
Taxifahrer verlor die Geduld. „Was ist nun, wer fährt mit und
wohin wollen Sie?“ Beide nannten ihm die Adresse und er sagte:
„Okay, hier kommt mein Vorschlag zur Güte. Ihre Adresse, Miss,
liegt auf dem Weg. Teilen Sie sich das Taxi und sparen Sie sich ihren
Atem für etwas anderes.“
Willow
blickte fragend in die stahlblauen Augen ihres Gegenübers. „In
Ordnung! Einverstanden!“ Auf der zwanzigminütigen Fahrt schwiegen
sie. Der Schlipsträger hatte seine Lesebrille gezückt und studierte
einige Papiere, die er aus seinem Aktenkoffer hervorgeholt hatte. Hin
und wieder murmelte er etwas, das Willow nicht verstand. Sie nutzte
die Gelegenheit, ihn eingehender zu betrachten. Er war groß,
deutlich größer als sie ... einen Kopf, vielleicht sogar mehr. Er
hatte eine sportliche Figur, dunkle Haare, die sie an
Zartbitterschokolade erinnerten und ein kantiges, überaus männliches
Gesicht. Als der Wagen hielt und sie aussteigen musste, bedauerte sie
es beinahe. „Einen schönen Tag noch!“, sagte sie.
Er
blickte von seinen Unterlagen auf und schenkte ihr ein Lächeln. „Ja,
Ihnen auch.“
Sie
schloss die Tür hinter sich und blieb auf dem Gehsteig stehen. Ein
Teil von ihr wollte nicht, dass die Begegnung mit dem attraktiven
Fremden auf diese Weise endete. Ein anderer Teil erinnerte sie
nachdrücklich daran, dass er ganz offensichtlich lieber in seinen
Papieren las, statt sich mit ihr zu unterhalten ... etwas, das ihr zu
denken geben sollte. Andererseits hatte sie ihn abblitzen lassen,
also ... Der Wagen hinter ihr fuhr an.
Willow
drehte sich herum und sah ihm nach, wie er immer kleiner wurde und
schließlich in der Ferne verschwand. Verdammt, sie wusste nicht mal,
wie der Kerl hieß. Sie bereute die vertane Chance. Eine Gelegenheit
ungenutzt verstreichen zu lassen, – egal auf welcher Ebene ihres
Lebens – war nicht ihre Art. Dumme Nuss, schalt sie sich und sagte
sich dann, dass es so sicherlich besser war. Wenn das Schicksal sie
wirklich zusammenführen wollte, dann würde es einen neuen Plan
schmieden müssen. Stumm bat Willow um eine zweite Chance und dann
würde sie es nicht wieder verbocken.
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