Montag, 1. Juni 2015

Isabella Muhr ! Reine Kopfsache


Isabella Muhr!
Schnipsel-Alarm!
Textschnipse
Es ist schon Nacht, als wir ineinander verkeilt, wie zwei junge Katzenbabys, endlich im Bett liegen. Wie wir so daliegen, in Daunendecken und Dunkelheit gehüllt, kommt mir die Busfahrt von heute Nachmittag in den Sinn.
„Kannst du dich noch an den kalten Krieg erinnern, der herrschte, als wir frisch zusammen gezogen sind?“, schnei- det meine Stimme in die Ruhe des Moments. „Hmh“, raunt Sebastian, ungeachtet meiner reißerischen Wortwahl, ver- schlafen in mein Ohr.
„Ich habe mich die ganze Busfahrt über gefragt, ob wir überhaupt ehetauglich sind, wenn wir es nicht einmal schaf- fen, unsere beiden Haushalte zusammenzuschmeißen, ohne dass wir uns wochenlang die Köpfe einschlagen.“, fahre ich fort. „Also erstens haben wir uns gar nicht die Köpfe einge- schlagen und zweitens ist alles, was mit Veränderung zu tun hat, schwierig. Und ich finde, wir haben das großartig hin-gekriegt“, antwortet Sebastian nach wie vor unbeeindruckt.
„Sieh uns doch nur an, wir sind doch glücklich, oder nicht?“
„Ja, aber das war ganz schön viel Arbeit bis dahin“, beharre ich. „Ja du bist Arbeit, das stimmt“, sagt er, grinst verschmitzt und drückt mich ganz schnell fester an sich, damit ich ihm keine mitgeben kann. „Wie sagt deine Mutter immer? Ohne Fleiß kein Preis. Alles Gute im Leben ist Arbeit. Das ist ein Na- turgesetz. Denk an die Hochzeit deiner Schwester.“ „Ja, das hab ich schon“, gebe ich zu. „Und: Hör auf mit diesen Pseudo- Weisheiten, da wird mir ganz schlecht. Außerdem sagt das meine OMA immer!“
Es entsteht eine kurze Pause, in der wir beide unseren Ge- danken nachhängen. Ich gewähre ihr allerdings nur kurzzei- tig Raum in unserem gemeinsamen Abend, denn meine inne- re Unsicherheit hat sich noch nicht vollends verflüchtigt und so hake ich erneut nach.
„Glaubst du, wir werden auch mal so enden wie Georg und Lydia? Sie wollen sich trennen, weißt du.“ „Nein!“ Das kam schnell und entschieden. „Warum bist du dir da so sicher?“, hake ich nach. „Ganz einfach“, sagt Sebastian und angelt sich ein Gummibärchen aus der Tüte, die auf seinem Nachtkäst- chen liegt. „Weil du keine Uhr für mich bist.“ „Äh … was?“, frage ich irritiert und richte mich ein wenig auf, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Na ja es ist doch so“, erklärt Se- bastian mit vollem Mund. „Das zwischen Georg und Lydia hat einfach nicht funktioniert, weil sie sowas wie eine Uhr füreinander waren. Oder eine Halskette.“ Uhr? Halskette? Was ist in diesen Gummibärchen drin?, denke ich verwirrt. Er fährt ungeachtet meines verstörten Gesichtsausdruckes in schmatzender Weise fort. „Nun ja, die Beiden haben einan- der gefunden und dachten. Wow, die/der gefällt mir, die/den behalte ich. Nur, dass es so ist, wie mit einer Uhr. Die gefällt einem lange Zeit recht gut, aber irgendwann wird es einfach Zeit für eine neue. Man will sich verändern, hat sich satt ge- sehen, oder es hat sich einfach der Geschmack geändert.“
„Hmm … und was sind dann wir beide füreinander?“, will ich wissen. „Ein Lieblingspulli, den man auch dann im Schrank behält, wenn er einem gar nicht mehr passt, aus Nostalgiegründen, oder was? Weiß ich ja nicht, ob ich das besser finden soll“, gebe ich zu bedenken, während ich nach seiner Gummibärentüte angle.
„Nein“, wehrt Sebastian ab und blickt sanft zu mir her- nieder. „Du bist wie mein rechter Arm. Bei dir stellt sich gar nicht die Frage, ob du irgendwann noch zu mir passt, oder nicht. An dir kann man sich auch nicht sattsehen. Du gehörst schlicht und einfach zu meinem Leben dazu. Besser gesagt, du bist ein Teil von mir und ohne dich würde ich mich nicht vollständig fühlen. So einfach ist das. Braucht man gar nicht mehr großartig nachzudenken, finde ich“, schließt er seine Ansichten und grinst verschmitzt, während er mir einen Bä- ren in den Mund schiebt.

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