Dienstag, 5. Mai 2015

"Zauberhaftes Schicksal" von Sabrina Heilmann

Sabrina Heilmann
Hier noch ein keiner Schnipsel-Alarm aus :
„Zauberhaftes Schicksal“
"Zauberhaftes Schicksal" umfasst alle Kurzgeschichten, die Julie in `Ein Winter in Paris´ schreibt.
und wird voraussichtlich noch im Mai erscheinen!
Textausschnitt (aus: „Wenn der Sturm endet“)
Melina macht einen weiteren Schritt nach vorn, setzt erst einen Fuß an den scharfkantigen Rand der Klippe und dann den zweiten. Sie trägt nichts bei sich, außer ihrem Leben und einem roten Kleid, das eine Mahnung sein soll. Eine Mahnung an ihn, der nie richtig um sie kämpft, der sie mit seinen Worten immer tiefer und tiefer verletzt. Eine Mahnung an alle anderen, die sich von dem schönen Schein blenden lassen und aus Angst, den Blick hinter die Fassade nicht riskieren. Das Kleid schreit für Melina, während sie zum ersten Mal in ihrem Leben spürt, was Kälte wirklich bedeutet.
Siehst du mich?! Seht ihr mich alle?!
Was habt ihr getan?
Wie weit ist es gekommen?!
Seht ihr überhaupt, was ich vorhabe?!
Seht ihr mich?
Siehst du mich…
Er sieht sie im ersten Moment nicht.
Sie ist nur eine rote Lichterscheinung auf der Klippe, die er im Augenwinkel nur halbherzig wahrnimmt. Adam gießt sich ein Glas Wasser ein und spült eine Kopfschmerztablette herunter. Er hat viel gearbeitet. Sein Kopf spannt unangenehm, während selbst das Ticken der Küchenuhr wie ein Presslufthammer die Stille durchschneidet.
Die letzten Wochen waren stressig, aber sie hatten sich gelohnt. Wenn er in diesem Tempo weiter arbeitet und noch mehr wichtige Kunden für die Firma begeistern kann, hat er sich in wenigen Wochen an die Spitze des Marktes hochgearbeitet. Man schätz ihn, man lobt ihn, einige hassen ihn vielleicht sogar für seinen Erfolg, doch das ist ihm egal, schließlich hat er alles, was mach sich in seinen jungen Jahren wünschen kann.
Mit Anfang 30 hat er eine erfolgreiche Marketingfirma und ein Team, dem er vertrauen kann. Er ist angesehen und selbst den Medien bekannt. Er hat eine Freundin, die er liebt und die er im nächsten Jahr zu seiner Frau machen möchte. Er hat ein fantastisches Haus auf einer aufregenden Steilklippe in Irland, das er immer dann bezieht, wenn er…
…Zeit mit Melina verbringen will.
Sie verpasst ihm eine Ohrfeige, ohne mit ihm im gleichen Raum zu sein. Sein Herz wird schwer, seine Körperspannung lässt nach und während seine Welt beginnt gefährlich zu schwanken, fällt das halbleere Wasserglas klirrend zu Boden und schwemmt kleine Scherben an seine schwarzen Lackschuhe.
„Melina“, formen seine Lippen, doch aus seiner Kehle dringt kein Ton. „Nein.“
Nicht das rote Kleid.

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